Kirchengruften: Bestattungen IN Kirchen mit Grabplatten waren bis weit in das 18. Jahrhundert üblich und sind in Talle für mindestens zwei Bestattungen der Patronatsfamilie Grote belegt. Es ist möglich, dass auch die Grabplatte des Provisors Henrich Klocke mit einem dafür typischen Format einst im Inneren der Taller Kirche lag. Das war nur Adeligen und höhergestellten Persönlichkeiten der Kirche vorbehalten, was vielleicht auch auf den Provisor Henrich Klocke (einem der Kirchenvorstände und Besitzer eines sehr großen Hofes) zutraf. 

Die Wahl der Bibelverse: In der Bibel zu lesen ist neben dem Gottesdienstbesuch ein Kennzeichen protestantischer Spiritualität, vor allem seit dem Pietismus (17.+18.Jahrhundert). So sind auch die Bibelverse auf den Grabsteinen Ausdruck der persönlichen Frömmigkeit und des eigenen Glaubens. Es fällt auf, dass auf den jüngeren Steinen häufiger von Erlösung und Auferstehung die Rede ist als bei den älteren Steinen; möglicherweise zeigt das einen Wandel hin zu stärkerer Individualität und „Herzensfrömmigkeit“. Z.B. auf den Steinen D2 von 1750, D3, D5, D9 von 1745, E13 von 1782 und bei den beiden großen und jüngeren Grabmalen von 1860 bzw. 1866.

Auf dem Grabstein D5 von Hensich Klocke steht:

Jesaja am 43 Vers 1
Furchte dich nicht denn ich
habe dich erloset ich habe
dich bey deinem Nahmen
geruffen du
bist mein

Namen: Hast du auf den Grabsteinen schon einen Vornamen entdeckt, den auch Leute von heute tragen? Was bedeutet dir DEIN Name? Wonach suchst du den Namen für dein Kind aus?
Geborgen bei Gott – ganz persönlich

Verwildert: Nachdem auf dem Kirchhof keine Bestattungen mehr stattfanden, wurde er immer weniger gepflegt, und er verwilderte schließlich. Grabsteine standen schräg oder fielen um. August Wiemann beschrieb es 1920 als verwunschenen und geheimnisvollen Ort. Wie gefällt dir der Kirchhof heute als landschaftlich gestalteter Ort? 

E. Meier-Niedermein, Aquarell 1909
Foto: Ute Seidemann 2019

Alte Steine: Die Verstorbenen, an die die alten Steine erinnern, haben wir nicht kennengelernt. Sind es für dich einfach historische Steine oder verbindest du etwas mit den Christen von damals? Versuchst du vielleicht, dich in ihr Leben, ihre Sorgen, ihre Nöte, in der damaligen Zeit hineinzudenken? Findest du es schade oder bist du erleichtert, dass der Kirchhof heute kein Bestattungsort mehr ist? Übrigens wurden alte Grabsteine abgelaufener Stellen manchmal auch zum Bauen recycelt. Z.B. in Mauern. 

Wiemanns Schlusswort

Wenn man sich auf dem Taller Kirchhof umsieht, wirken Wiemanns abschließende Worte zum Kapitel „Der alte Friedhof“ von 1920 zeitlos:

„Gehen wir gern einmal auf unsere alten Dorffriedhöfe. Schützen und pflegen wir sie, wo es nötig ist; wir hegen und pflegen damit ein Stück Heimat. Und so ein alter Dorffriedhof wird uns vielleicht zu einem alten, stillen Freunde, der erzählt und belehrt, mahnt und tröstet, wie’s uns gerade nottut.“

A. Wiemann, Heimatkundliche Bilder aus dem Ilsetal (1920)

1903 – 1906 und 1913 – 1922 Lehrer in Talle,

Heimatforscher und Schriftsteller